Obwohl
inzwischen mehr als 50 Jahre vergangen sind, erkennen viele
Leute noch immer den typischen Jeep des zweiten Weltkrieges und
die meisten würden ihn einfach als „Willys“ bezeichnen. Es ist
verständlich, dass sie daher auch glauben, der allbekannte Jeep
mit seinem unverwechselbaren Kühlergrill müsse bei Willys
Overland erdacht, konstruiert und gebaut worden sein, aber die
Realität ist ein wenig anders. In Wahrheit verdankt er seine
Existenz der American Bantam Car Company und dem Genie des Karl
K. Probst. Und dies ist seine Geschichte:
1930 gründete Austin die American Austin Car Company in den USA.
Leider waren in diesem Land kleine, ökonomische Autos noch nie
beliebt und 1934 war das neue Unternehmen schon fast bankrott.
Der Aufsichtsratsvorsitzende Roy Evans übernahm die Firma und
unternahm eine Neugründung unter dem Namen American Bantam Car
Company. (bantam als Adjektiv verwendet, hat im Englischen die
Bedeutung klein/ Anmerkung des Übersetzers) Er behielt das
Kleinwagenkonzept bei, das auf dem englischen Austin Seven
basierte, nahm allerdings einige Verbesserungen an diesem Modell
vor und erhöhte die Anzahl der erhältlichen Varianten.
Schon 1938 erkannte Bantam
das Potential seiner kleinen Roadster als leichte
Aufklärungsfahrzeuge für die Armee und stellte der Nationalgarde
drei Exemplare für Erprobungszwecke zur Verfügung. Das
Unternehmen drängte darauf, einen solchen Wagen zu entwickeln,
bis schließlich am 19. Juni 1940 ein Treffen mit den Militärs in
den Bantam Werken zustande kam. Beunruhigt einerseits von der
Mobilität und Leichtigkeit, mit der die deutsche Armee
Frankreich eingenommen hatte, und ebenso von
Geheimdienstberichten, die besagten, der Volkswagen werde für
den militärischen Einsatz vorbereitet, zeigten sie schließlich
ein wirkliches Interesse an dem Bantam Projekt.
In einer Reihe von weiteren
Treffen wurde der ursprüngliche Bantam Entwurf zu einer
militärischen Allrad Version entwickelt, die nicht mehr als
590kg Eigengewicht haben sollte. In Anbetracht der begrenzten
Möglichkeiten zu Entwicklung und Produktion bei Bantam wie auch
der Tatsache, dass das Unternehmen finanziell nicht gesund
dastand, wurde entschieden, auch anderen Unternehmen die
Möglichkeit zu geben, Entwürfe einzureichen. Die
Gesamtanforderung umfasste die Konstruktion und Auslieferung von
70 fertigen Prototypen für die Erprobung, davon mindestens acht
Stück mit Allradantrieb. Der erste Prototyp sollte in 49 Tagen
angeliefert werden, die restlichen 69 in 75 Tagen. Die eher
unrealistische Gewichtsbegrenzung führte dazu, dass
traditionelle Nutzfahrzeughersteller wie Dodge oder General
Motors kaum Interesse zeigten. Nur Bantam und Willys reagierten
auf die Ausschreibung, später beteiligte sich auch Ford an der
Entwicklung und Herstellung von Erprobungsfahrzeugen.
Bantam gewann den
freischaffenden Ingenieur Karl Probst für die Leitung ihres
Projekts. Als die Konstruktionsunterlagen für die Ausschreibung
vom Militär überprüft wurden, kam Probst’s Fahrzeug den
Anforderungen am nächsten, wobei Bantam die Tatsache verschwieg,
dass ihr Entwurf das geforderte Eigengewicht wahrscheinlich
leicht überschreiten würde. Der Auftrag wurde erteilt, Probst
vervollständigte die Zeichnungen bis Ende September, stellte die
erforderlichen Baugruppen zusammen und der Prototyp wurde
ausgeliefert. Nachdem der Wagen bis zur Grenze der Zerstörung
getestet worden war und durch seine Leistung überzeugt hatte,
wurden von der Militärkommission weitere 70 Prototypen in
Auftrag gegeben.
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Der Bantam Prototyp, wie er im
September 1940 ausgeliefert wurde
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Obwohl Willys es versäumte,
bis zum angegebenen Termin einen Prototypen zu liefern und Ford
zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich wenig Interesse an dem Projekt
zeigte, wurde beiden Herstellern der Zugang zu den
Testergebnissen des Bantam Prototyps und im gleichen Zuge zu den
Konstruktionszeichnungen von Karl Probst gewährt. Die Prototypen
von Willys und Ford, der Quad und der Pygmy, folgten in dieser
Reihenfolge, allerdings erfüllten sie deutlich weder die
Anforderungen an die Entwicklungszeit, noch das strenge
Gewichtslimit.
Die
Erprobungen dauerten bis in den Winter 1940 und sollten unter
den drei Erprobungs-fahrzeugen einen deutlichen Gewinner
hervorbringen. Der Bantam Wagen war in der ausgeschriebenen Zeit
fertig gestellt worden und erfüllte die Anforderungen in den
meisten Punkten. Für ein Erprobungsfahrzeug zeigte er gute
Leistungen und kleinere Mängel konnten bald beseitigt werden. Er
hatte viele deutlich erkennbare Eigenschaften des später
standardisierten Jeeps. Das Militär allerdings erkannte Stärken
und Schwächen in jedem der getesteten Fahrzeuge. Der Bantam
wurde als zu hochbeinig und untermotorisiert empfunden. Willys
Quad war besser motorisiert, aber viel zu schwer. Der Ford Pygmy
hatte die beste Lenkung (abgesehen von zu schwachen
Spurstangen), aber sein Motor war zu schwach.
Sorgen
bereitete auch die begrenzte Produktionskapazität bei Bantam,
sowie die Tatsache, dass selbst Willys Overland möglicherweise
nicht die Voraussetzungen haben würde, die Herstellung einer
sehr großen Anzahl dieser Fahrzeuge zu bewältigen. Aus all
diesen Bedenken resultierte im März 1941 die politische
Entscheidung, zunächst jedem der drei Unternehmen einen Auftrag
über jeweils 1500 Fahrzeuge zu erteilen, vorausgesetzt, die
Anforderungen würden erfüllt. Das zulässige Eigengewicht war
inzwischen erhöht worden.
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Die Prototypen von links nach rechts: Bantam, Willys
MA, Ford GP |
Die Prototypen, die sich
schon während der Testphase bemerkenswert ähnlich sahen, glichen
sich immer mehr aneinander an, da die beteiligten Unternehmen
die jeweils besten Ideen voneinander kopierten, beziehungsweise
von K. Probst’s Zeichnungen zur ersten Serienreife. Unabhängig
davon entschied die Armee im Juli 1941, dass eine
Standardisierung eingeführt werden sollte, denn drei
verschiedene Modelle im Einsatz zu verwenden und instand zu
halten, erschien undurchführbar. Mittlerweile zeigten alle drei
Modelle gute Leistungen, aber es wurde entschieden, dass der
Willys Entwurf, der das bessere Kosten- Nutzen Verhältnis
zeigte, (Stückpreis bei Willys: $739; bei Bantam: $1166) zum
Standardfahrzeug der Armee werden sollte. Willys sicherten sich
einen Auftrag über 16 000 Fahrzeuge.
Mit der Auftragsvergabe
verband die Armee die Forderung nach einer Reihe von
Verbesserungen und Änderungen. Neben grundsätzlichen
Verbesserungen an Batterie, Lichtmaschine, Luftfilter und Tank
sollte der Standartjeep nun Tarnscheinwerfer, Pioniergerät (Axt
und Schaufel), ein Segeltuchverdeck, Anhängerkupplung und
Funkentstörung erhalten, der Handbremshebel wurde in die Mitte
des Armaturenbretts verlegt. Das Erscheinungsbild des
klassischen Standart Jeeps bildete sich heraus.
Der 40 BRC (die
Serienvariante von Bantam) wurde von der US- Armee nicht mehr
angefordert, weil er nicht dem Standart entsprach. Die bereits
in Dienst gestellten Bantams wurden ebenso wie die noch in
Produktion befindlichen Fahrzeuge im Rahmen des Lend and Lease
Vertrages den Briten und Russen zur Verfügung gestellt.
Interessanterweise entschied sich die russische
Beschaffungskommission, die die Tests verfolgt hatte,
ausdrücklich für das Bantam Modell.
Das nebenstehende Bild zeigt einen Bantam 40 in der für
Großbritannien typischen Lackierung in den Farben der sechsten
gepanzerten Division mit leichtem 303 Bren Maschinengewehr auf
der Beifahrerseite. Aufgrund seines geringen Gewichts war er
besonders geeignet für britische Luftlandeeinheiten in
Nordafrika.
Ende Oktober begann die Armee
aus zwei Gründen nach einem weiteren Lieferanten zu suchen.
Erstens konnte Willys nicht mehr mit dem wachsenden Bedarf an
Jeeps Schritt halten und außerdem galt es, die Produktion für
den Fall abzusichern, dass das Willys Werk bombardiert oder
Opfer von Sabotage werden sollte.
Anfang
November erhielt Ford einen ersten Auftrag über 15 000 Jeeps
nach den Entwurfszeichnungen von Willys. Der Willys MB und der
Ford GPW unterschieden sich nur in winzigen Details, da das
Militär darauf bestanden hatte, dass alle Teile untereinander
austauschbar sein sollten. Mit der ansteigenden Stückzahl war es
nun möglich, den Alliierten Willys MB und Ford GPW im Rahmen des
Lend and Lease Vertrages zur Verfügung zu stellen und die
Produktion des Bantam 40 lief aus. Interessanterweise waren es
Ford, die den am Willys MA verwendeten, kostenintensiven und
schwereren Kühlergrill aus Bandstahl durch einen Grill aus
gepresstem Blech ersetzten. Willys übernahm diese Lösung für
sein endgültiges MB Modell.
Alles in allem wurden 2675
Wagen vom Typ Bantam 40 gebaut, davon 62 mit Vierradlenkung für
die US Cavalry. Leider stellte die Firma nie wieder
Kraftfahrzeuge her. Bantam, die als erste die Schaffung eines
Jeep angeregt und den ersten Prototypen auf die Räder gestellt
hatten, wurden gezwungen, Probst’s Pläne mit Konkurrenten zu
teilen, und für Auftragsarbeiten am Universal Jeep herangezogen.
Bis zum Ende des Krieges stellte die Firma Anhänger (für den
Jeep, Anm. d. Übersetzers), Flugzeugteile und Motoren für
Torpedos her.
Die folgenden zusätzlichen Informationen
über den Vierradlenker von Bantam kamen von Kevin T. Graham aus
Elkhorn in Wisconsin:
„Vor einigen Jahren fuhr ich nach Grand
Rapids, Michigan, um einen ehemaligen Entwicklungsingenieur der
Firma Checker Car zu treffen. Er erzählte mir und meinem Vater,
dass Checker bei der Produktion von Jeeps für Regierungsaufträge
mit Bantam zusammen gearbeitet habe. Checker habe drei Fahrzeuge
mit Vierradlenkung nach Bantam Zeichnungen hergestellt, die auf
dem Armaturenbrett das Firmenzeichen von Checker getragen
hätten. Den einzigen erhaltenen Checker Jeep fand ich im Hickory
Corner Automuseum in Michigan. Ich machte einige Fotos, die
unglücklicherweise sehr schlecht ausfielen. Der alte Ingenieur
sagte, er besitze Überreste eines Checker Jeeps in einem
Nebengebäude auf seinem Grundstück, aber er wollte sie uns nicht
zeigen. Der Checker Jeep besaß einen Suchscheinwerfer, der am
Rahmen der Windschutzscheibe montiert war.“
(Checker Motors war der Hersteller des Checker cab, des
typischen US- amerikanischen Taxis; Anm. d. Übersetzers)
Folgendes geht aus einer
Zuschrift von Bill Spear aus den USA hervor, der annimmt, dass
diese Fahrzeuge nicht bei Checker gebaut wurden, sondern von
Bantam selbst oder von Einheiten der US Armee, die nicht zum
Versorgungskorps zählten, nach Kalamazoo in Michigan verschickt
wurden, um unter Umgehung der Befehlskette des
Versorgungshaupt-quartiers freie Produktionskapazitäten zu
finden.
„Die Checker Geschichte, die
sich mit diesem Wagen verbindet ist, wie ich glaube (aber nicht
beweisen kann) ein weiterer Versuch einer größeren Firma, die
Errungenschaften von Bantam auszunutzen. Es ist deutlich, dass
Bantam die Firma Checker Motors dringend brauchte, um zu
verhindern, dass Willys und Ford ihnen weiter ihre Produktidee
stahl. Soweit ich sagen kann, wurden diese drei „Checker“ Wagen
bei Bantam in Butler, Pennsylvania gebaut. Ich bin allerdings
bereit, meine Meinung zu korrigieren, sobald irgendjemand mir
nachweisen kann, dass Checker etwas zur Herstellung dieser Wagen
beigetragen hat, bevor sie der Armee zu Testzwecken überlassen
wurden. (sie wurden möglicherweise demontiert, um einen
Produktionskostenvoranschlag zu erstellen und später wieder
zusammengesetzt.)“
Bill
schrieb außerdem folgenden Text, den ich als Epilog dieser Seite
verwenden möchte:
Wir alle bekämpfen die
Vernachlässigung der Tatsache, dass in Wahrheit Bantam und vor
allem Karl Probst den Jeep entwickelten und an die Armee
ausgeliefert haben, lange bevor Willys auch nur einen
brauchbaren Prototyp vorweisen konnten. Außerdem machte die
Armee sowohl sämtliche Konstruktionszeichnungen für Willys und
Ford zugänglich, kaum dass sie gezeichnet waren, als auch das
Erprobungsfahrzeug, sobald es angeliefert worden war. (In der
unglaublichen Entwicklungszeit von 49 Tagen!)
Ich stelle noch immer
Nachforschungen an, aber ich denke, dass nachgewiesen werden
konnte, dass man die Bantam Fahrzeuge als die ersten Jeeps im
Gefecht bezeichnen muss, da viele von ihnen im Rahmen des Lend
und Lease Vertrages nach England und in die UdSSR kamen. (Die
Russen, die sich im Kampf mit der deutschen Wehrmacht befanden,
zogen den Bantam Jeep den Modellen von Willys und Ford vor.)